Hintergrundinformation: Tübingen erhält von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung eine Million Euro für ein Forschungskolleg
Der Fortschritt in der Medizin lebt davon, dass die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung am Krankenbett ankommen. Ärzte können die klinische Relevanz von Forschungsergebnissen besser beurteilen, wenn sie durch eigene Forschung gelernt haben, wissenschaftlich zu denken und die Aussagekraft und die Grenzen wissenschaftlicher Methoden kennen. Allerdings lässt die Weiterbildung zum Facharzt den jungen Medizinern nur wenig zeitlichen Spielraum für konzentrierte Forschung. Das hat kürzlich auch die Ständige Senatskommission für Grundsatzfragen in der Klinischen Forschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft beklagt und verlässliche und attraktive Karrierewege für „Clinician Scientist“ eingefordert.
Dem Tübinger Konsortium ist es in einem sehr kompetitiven Verfahren gelungen, die Gutachter von dem Antrag zu überzeugen. In den kommenden drei Jahren werden sieben Ärztinnen und Ärzte durch das neue Forschungskolleg die Gelegenheit erhalten, sich im Rahmen ihrer klinischen Weiterbildung eineinhalb Jahre lang ohne klinische Verpflichtungen auf ihre eigene wissenschaftliche Forschung zu konzentrieren. Betreut und angeleitet werden sie von zehn Professoren der Universitätsklinik Tübingen, dem Hertie-Institut für Hirnforschung und der Universität Tübingen, die durch ihren eigenen beruflichen Werdegang gezeigt haben, dass sie zur internationalen wissenschaftlichen Spitzenklasse gehören. Federführende Sprecherin des Forschungskollegs ist Frau Professor Dr. Ghazaleh Tabatabai, die die Interdisziplinäre Sektion für Neuroonkologie am Universitätsklinikum und am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung leitet.
Resistenzen überwinden
Inhaltlich wird die Forschung der sieben Kollegiaten darauf abzielen, etwas gegen die Resistenzentwicklung bei soliden Tumoren im Gehirn und im Magendarm-Trakt zu tun. Die Behandlung von Krebs hat zwar große Fortschritte gemacht und viele Patienten werden heute geheilt, aber den Ärzten macht nach wie vor die Resistenzentwicklung zu schaffen. Vielen Tumoren gelingt es, die Therapie auszutricksen und unempfindlich zu werden. Das kann bei einer klassischen Chemo- oder Strahlentherapie genauso passieren wie bei den neuen zielgerichteten Therapien mit modernen Substanzen. Bei einer Resistenz gewinnt der Tumor die Oberhand, natürlich sehr zum Nachteil der Patienten. Es gibt derzeit keine zuverlässigen Kriterien, die dabei helfen vorherzusagen, ob, wann, bei wem und warum eine Tumortherapie versagt.
Die Forschung der sieben Kollegiaten wird sich daher im Wesentlichen damit beschäftigen, wie man die Resistenzentwicklung frühzeitig erkennen und verhindern kann. Dafür muss man verstehen, wie die Tumorzellen die Therapien aushebeln und welche molekulare Mechanismen hinter diesen Resistenzen stecken.
Verzahnung von innovativer Grundlagenforschung und klinischer Weiterbildung
Die Kollegiaten werden mit ihrer Forschung auf allen Ebenen ansetzen, angefangen beim Verständnis der Resistenzentwicklung über die Identifizierung möglicher Biomarker bis hin zu möglichen klinischen Pilotstudien. Für den Standort Tübingen ist das Else Kröner-Fresenius-Forschungskolleg das Erste dieser Art. Bundesweit werden zeitgleich drei weitere Else Kröner-Fresenius-Forschungskollegien in München und in Jena eingerichtet werden. Die Stiftung unterhält bereits neun Kollegien an anderen deutschen Universitäten. Das Tübinger Kolleg wird in die vor Ort bestehenden Forschungsschwerpunkte der Medizinischen Fakultät eingebettet werden und eine Brücke zwischen den Forschungsschwerpunkten Neurowissenschaften und Onkologie schlagen. Es richtet sich an junge Ärztinnen und Ärzte, die eine klinische Weiterbildung in den Fächern Neurologie, Neurochirurgie, Innere Medizin, Radioonkologie, Radiologie, Neuroradiologie oder Nuklearmedizin anstreben.
Mitglieder des Konsortiums am Universitätsklinikum Tübingen, dem Hertie-Institut für Hirnforschung und an der Eberhard Karls Universität Tübingen:
Prof. Dr. Ghazaleh Tabatabai (Sprecherin)
Zentrum für Neurologie & Hertie-Institut für klinische Hirnforschung
Klinik für Neurochirurgie
Prof. Dr. Hans-Georg Rammensee
Interfakultäres Institut für Zellbiologie, Abt. Immunologie
Prof. Dr. Klaus Schulze-Osthoff
Interfakultäres Institut für Biochemie
Prof. Dr. Nisar Malek
Medizinische Universitätsklinik - Abteilung I
Prof. Dr. Michael Bitzer
Medizinische Universitätsklinik - Abteilung I
Prof. Dr. Lars Zender
Medizinische Klinik, Abt. Klinische Tumorbiologie (in Gründung)
Prof. Dr. Daniel Zips
Klinik für Radioonkologie
Prof. Dr. Konstantin Nikolaou, Prof. Dr. Ulrike Ernemann, Prof. Dr. Christian laFougere, Prof. Dr. Bernd Pichler
Department Radiologie
Zur Person der Sprecherin Professor Dr. Dr. Ghazaleh Tabatabai:
Ghazaleh Tabatabai studierte Humanmedizin an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf und promovierte sowohl in Medizin (Dr. med.) als auch in den Neurowissenschaften (Dr. rer. nat.), was sie für den Brückenschlag zwischen Grundlagenforschung und klinischer patientenzentrierter Forschung besonders befähigt. Sie hat zudem ein Zusatzstudiengang unter dem Titel „Clinical Trials Management“ am Zentrum für Klinische Forschung der Universität Zürich absolviert und bereits klinische Studien koordiniert – eine weitere wichtige Qualifikationen für einen Clinician Scientist. Frau Tabatabai ist Neurologin. Sie habilitierte 2012 an der Universität Zürich und wurde von dort im Juli 2014 auf die W3-Professur für Neuroonkologie an der Eberhard Karls Universität Tübingen berufen. Sie leitet die Interdisziplinäre Sektion Neuroonkologie am Universitätsklinikum Tübingen, ist Sprecherin des Zentrums für Neuroonkologie am Comprehensive Cancer Center Tübingen-Stuttgart, Oberärztin in der Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt neurovaskuläre Erkrankungen und in der Klinik für Neurochirurgie sowie Forschungsgruppenleiterin am Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung. Ghazaleh Tabatabai ist verheiratet und hat eine Tochter.
Link zur gemeinsamen Pressemitteilung des Hertie-Instituts, der Universitätsklinik Tübingen und der Universität Tübingen:
Hertie Institute for Clinical Brain Research
Director of Communications
Otfried-Müller-Str. 27
72076 Tübingen
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